Premiere "Eins, zwei, drei"

Geistreich und lustig: Ost-West-Klischees spritzig umgesetzt

... Und zu lachen gab es wahrlich viel im ausverkauften Saal. Die Premiere des neuen Stücks "Eins, zwei, drei", das die Theatergruppe der Kaiser-Karl-Schule (KKS) nach fast einjähriger Vorbereitung präsentierte, war ein köstlicher und geistreicher Spaß. Billy Wilders Filmkomödie aus den 60-er Jahren, die zuerst floppte und erst in den 80-ern in Deutschland zum Kult wurde, passt wieder bestens in die Zeit. Nachdem die Schattenseiten des Sozialismus bereits weitgehend Geschichte sind, gewinnt die Kapitalismuskritik an Aktualität.

Die Theatergruppe hat den Stoff, der mit den russisch-amerikanischen Ost-West-Nachkriegs-Klischees spielt, für die Bühne umgearbeitet und mit witzigen musikalischen Einlagen und Gegenwartsbezügen ergänzt. So geht die sozialistische "Internationale" einfach in den amerikanischen Swing über. Der Chor schmettert zur Liebe zwischen dem jungen Kommunisten Otto Piffl (Yannic Rösch) und der Tochter des Coca-Cola-Bosses Scarlett Hazeltine (Dimitra Nogueira de Freitas) "Ti amo", und der Zug nach Moskau fährt auf Harry Potters Gleis neundreiviertel ab.

Schauplatz ist West-Berlin 1961 und die dortige Coca-Cola-Vertretung, die trotz des Ost-West-Konfliktes nach Russland expandieren will. Wilders Klischees sind so überzogen, dass sie daraus ihren Humor gewinnen. Er nimmt beide Systeme nicht ernst und macht sich auf Kosten des dritten, des noch nachwirkenden nationalsozialistischen Regimes über die Nachfolger lustig.

Da das verwöhnte amerikanische Promitöchterchen Scarlett schwanger ist, muss die unpassende Liaison zurechtgerückt und Prolet Otto Piffl zum genehmen, gewinnstrebenden Schwiegersohn umgedreht werden. Diese Aufgabe kommt Niederlassungsleiter McNamara (Jasper Gloy) zu, der amerikanisch jovial in alle Mann-Frau-Chef-Sekretärin-Nazi-Russen-Fettnäpfchen treten und doch die Wogen wieder glätten muss.

Regisseurin Doris Brandt-Kühl hat die Hauptrollen so passend besetzt, als hätten die Spieler die Rollen auf den Leib geschrieben bekommen. Nicht nur Keeno Ploog, der neben der kurzen Einlage als verkleidetes Fräulein Ingeborg den Sekretär Schlemmer spielte, provozierte regelmäßig Szenenapplaus. Alle jungen Spielerinnen und Spieler in den Hauptrollen, von denen die meisten mitten im Abitur sind, wuchsen über sich hinaus. Auch die übrigen Ensemblemitglieder agierten so überzeugend, dass der langanhaltende Applaus und die standing ovations wohlverdient waren.

Doris Brandt-Kühl, die von einem treuen Team auch ehemaliger KKS-Schüler unterstützt wird, zog bei "Eins, zwei, drei" wieder alle Register ihrer jahrzehntelangen Erfahrung: Die effektvoll einstudierten Ensembleszenen und Lieder heizten die Haupthandlung an, ohne das spritzige Tempo zu drosseln. Die Kostüme unterstrichen unter der bewährten kreativen Nadelführung von Uschi Mohs das auf den Schwarz-Weiß-Gegensatz fokussierte Bühnenbild.

Das professionelle Engagement des Ensembles zeigte sich auch in der Ausnahmesituation: Daphne Bichler spielte mit stark verletzter Schulter so charmant und locker, als wäre auch ihr Arm in der Schlinge nur Attrape. Zweite Aufführung 26. April, 19.30 Uhr, theater itzehoe. Karten: Theaterkasse, 04821/670931.

Quelle: NORDDEUTSCHE RUNDSCHAU, 11.2.2013, S. 10)

Weitere Fotos von der Premiere sind auf der Website des Fotografen Oliver Steinke zusehen.

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